Mitgliederporträt Dirk Lienig
Es musste für Dirk Lienig, einem künstlerischen Allround-Talent und seit diesem Jahr Mitglied im Filmverband, schon die ganz große Runde sein, bevor er in seine Heimatstadt Hoyerswerda zurückkehrte. Als er achtzehn Jahre alt war, ging er nach Leipzig an die Ballettschule, danach als Tänzer und Choreograph nach Schwerin. Es kamen erste Berührungen mit der Foto- und Filmkamera, immer wieder Aufenthalte in Australien, Mittelamerika und in Europa. In Berlin war er dann freier Choreograph, Tänzer und Regisseur, Autor und Kameramann seiner eigenen Dokumentarfilme. Die Festivalauswertung einer dieser Dokumentarfilme führte ihn nach Sydney, von wo aus er nach zwei Jahren schließlich nach Hoyerswerda zurückkehrte. Seit 2009 konzipiert Dirk Lienig nun Projekte mit und in der Kulturfabrik. Seine unterschiedlichen Interessen und Fähigkeiten weiß er dabei gut zu verschränken. Sie bieten ihm großartiges Potenzial für neue Projektideen.
Von dem Wohngebiet, in dem er aufwuchs, sind nur noch Straßen und Parkbuchten inmitten einer grünen Wiese übrig. Kein Wunder, Hoyerswerda hat in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren eine beispiellose demografische Entwicklung erlebt. Die Stadt verlor mehr als die Hälfte ihrer Einwohner. Nach wie vor zieht es vor allem junge Menschen weg von hier.
Wie kann man dem begegnen? Lienigs Antwort: „Bildet Banden. Das ist das, was ich immer mit meinen Kunstprojekten versucht habe – sich gruppieren und zusammenfinden. Die einfache Alternative leben, versuchen neue Formen von sozialem Zusammenleben auszuprobieren.“
Seit Anfang des Jahres betreibt Dirk Lienig das Tanzprojekt „Eine Stadt Tanzt ‚Le Sacre‘“. In vierter Auflage beschäftigen sich 74 Hoyerswerdaer im Alter zwischen 7 und 72 Jahren mit Sergej Rachmaninows Aufbruchswerk der Moderne „Le Sacre du Printemps“. In mehrmals wöchentlichen Arbeitsproben choreographiert und entwickelt Dirk Lienig ein generationsübergreifendes, sehr persönliches Tanzprojekt: „Ich sage zu ihnen, dass sie gleichzeitig Autoren sind. Ihr erzählt eure Geschichten. Ihr seid selbst die Darsteller.“ Nach der Premiere am 13.6. im ehemaligen Centrum-Warenhaus der Stadt wird nun intensiv an der Dokumentation gearbeitet. „Wir haben angefangen die Tänzer zu interviewen, welche Wünsche sie als Kinder hatten(…), wie sie sich in den einzelnen Stadien abgerieben haben und was davon übrig geblieben ist. Das ist der Erzählstoff.“ Im einstigen Kaufhaus werden Spielsettings aufgebaut, in denen sich die Protagonisten als Kind gegenübertreten. Lienig: „Ich versuche immer Leute aktiv werden zu lassen. Nicht, dass die immer nur konsumieren oder nur Darsteller sind, sondern sich auch mit ihrem Ich einbringen.“
Das sind die Grundsätze in Dirk Lienigs Arbeit. Er hofft, „dass diese Ansammlung von vielen kleinen Versuchen zu einer Kultur führt, über die auch Politik definiert werden kann. Wichtige Veränderung kommt aus solchen Aktionen, (…) durch sie erhoffe ich mir langfristig eine Kultur, die wächst und neue Formen von Alternativen zulässt. Keine Ahnung, ob das funktioniert, aber das andere funktioniert nicht, das weiß ich!“
Autorin: Claudia Reh