Gerade noch hat man einen Preis als »Bestes Medienbildungsangebot mit Jugendlichen« gewonnen, nun soll die Chemnitzer Filmwerkstatt ihre Nachwuchsarbeit einstellen. Damit ist sie in der Noch-Kulturhauptstadt nicht allein.
So ziemlich seit Beginn der jüngeren gesamtdeutschen Zeitrechnung, genauer gesagt seit 1991, produziert die Chemnitzer Filmwerkstatt nicht nur Kurzfilme und unterstützt Filmemacher im Kurz-, Animations- und Dokumentarfilmbereich, sondern leistet auch Nachwuchsarbeit auf diesem Gebiet. Sie tut das nicht ganz erfolglos: Die Zahl der medienpädagogischen Auszeichnungen in den letzten 15 Jahren ist beträchtlich, erst vor zwei Wochen ging einer von drei Preisen in der Kategorie »Bestes Medienbildungsangebot mit Jugendlichen« beim Medienpädagogischen Preis 2025 an ein Projekt der Filmwerkstatt. Damit könnte nun bald Schluss sein. Die Gründe sind, wie derzeit überall, finanzielle Engpässe der öffentlichen Hand. Im konkreten Fall ein tiefes Loch im Chemnitzer Haushalt für 2026.
Nun könnte man meinen, eine verantwortungsvolle Stadtverwaltung prüft sorgsam, wo notwendige Einsparungen den geringsten Schaden anrichten, aber weit gefehlt. Man spart wohl, wo man die schwächste Lobby vermutet: Was derzeit droht, ist ein Kahlschlag in der gesamten Chemnitzer Jugend(sozial)arbeit. Das Rathaus will hier im kommenden Jahr fast ein Viertel aller Projekte, 26 an der Zahl, im Wert von 1,8 Millionen Euro streichen. Die verschonten Träger werden dadurch doppelt belastet: Zum einen müssen sie zusätzliche Bedarfe auffangen, die durch den Wegfall anderer Angebote entstehen. Zum anderen zwingt die Umsetzung einer zusätzlichen Haushaltssperre auch verbleibende Projekte zu einer Reduzierung von Angebots- und Kontaktzeiten.
Antrag: wegen Formfehler abgelehnt
Von den einzusparenden Millionen entfallen ca. 205.000 Euro auf die Filmwerkstatt. Das sind 92 Prozent der Sachkosten und die Personalkosten für 2,5 Stellen, die sich fünf Mitarbeiter*innen teilen. Einen Eigenanteil von acht Prozent, also 17.000 Euro, muss die Filmwerkstatt selbst erwirtschaften, was nicht leicht ist, wenn sie ihrem Anspruch treu bleiben will, die Jugendprojekte kostenlos anzubieten, um allen den Zugang zu ermöglichen. Und selbst, wenn man der Auffassung wäre, dass die Nachwuchsförderung für die Filmbranche keine Aufgabe der öffentlichen Hand sei, Bildungsangebote in Sachen Medienkompetenz sind es ganz gewiss. Auch die unterbreitet die Filmwerkstatt, gerade für die geburtenstarken Jahrgänge von 2015-2017 – bisher jedenfalls.
Das Vorgehen der Verwaltung beim Streichkonzert ist dabei einigermaßen befremdlich. Ihre Förderanträge beim Jugendamt seien fehlerhaft und deshalb nicht bewilligt worden, erzählt Sebastian Steger, Medienpädagoge bei der Filmwerkstatt. Seinen Aussagen zufolge hat das Amt auch an andere Träger reihenweise Ablehnungen wegen formaler Fehler verschickt. Das mag zwar etwas plump rüberkommen, ist aber hilfreich, wenn demokratische Prozesse bei der Mittelvergabe eher stören. Der Ball liegt nun beim Jugendhilfeausschuss, der am 9. Dezember entscheiden soll, wie es weitergeht.
Chemnitz brennt
Bis dahin macht die Filmwerkstatt zusammen mit anderen Betroffenen gegen die Kürzungspläne mobil. Gemeinsam mit dem Stadtjugendring fordert man einen Schonbereich Jugend & Kultur. Eine Social-Media-Kampagne mit Alumni der Filmwerkstatt soll den Wert der Jugendarbeit und der Nachwuchsförderung deutlich machen. Eine gemeinsam mit anderen Projekten initiierte Video-Kampagne wird ganz bildhaft darstellen, dass es in Chemnitz im wahrsten Sinne des Wortes brennt. Und eine Aktion der »Allianz für Substanz« am 1. Dezember in unmittelbarer Nähe des Rathauses soll den Protest gegen den drohenden Kahlschlag in der Jugendarbeit auch im öffentlichen Raum artikulieren. Was ganz konkret die Filmbranche verlieren würde, zeigt zudem die Filmwerkstatt am 3. Dezember, 18 Uhr im vereinseigenen Clubkino Siegmar.
»Öffentlicher Druck ist jetzt ganz wichtig«, meint Sebastian Steger, »was jeder zumindest tun kann, ist, unsere Kampagnen teilen und damit auch über die Stadtgrenzen hinaus Öffentlichkeit schaffen«. Sollte sich im Dezember herausstellen, dass die junge Generation der Stadtgesellschaft eher nicht so wichtig ist, hilft nur noch eins: spenden. Aber das kann man auch jetzt schon.